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Sei mutig!

Mutig von Berufs wegen

Gewalt in einer Familie. Nachbarn haben die Polizei gerufen. Gemeinsam mit einem Kollegen trifft Roman Dietler in der Wohnung in einem Randbezirk Wiens ein. Überwindung und Mut braucht es, in eine vermeintlich "normale" Familienstruktur einzudringen.

 

Gewalt in einer Familie. Nachbarn haben die Polizei gerufen. Gemeinsam mit einem Kollegen trifft Roman Dietler in der Wohnung in einem Randbezirk Wiens ein. Überwindung und Mut braucht es, in eine vermeintlich 'normale' Familienstruktur einzudringen.Für den heute 38-jährigen Polizeiseelsorger Roman Dietler zählten Situationen wie diese zu den forderndsten in seiner Zeit als Polizist. Sieben Jahre lang war er Polizeibeamter im 21. Wiener Gemeindebezirk und hatte damit seinen Traumberuf gewählt: "Ich wollte schon immer Polizist werden. Dass es Situationen geben kann, in denen besonderer Mut gefragt ist, habe ich nie wirklich so wahrgenommen."

 

Meist sei die Rechtslage für einen Polizisten klar, es gebe wenig Handlungsspielraum, sagt Dietler: "Als Polizist habe ich mich immer in einem Spannungsfeld bewegt: Auf der einen Seite mutig sein und das Richtige tun, auf der anderen Seite klug vorgehen und die richtige Dosis anwenden." Gerade das Thema Gewalt in der Familie ist für Dietler nie leicht gewesen. Das Einschreiten sei schwierig, die Milieus ganz verschieden. Es komme darauf an, Gefährdungen zu vermeiden und Stresssituationen zu beruhigen.

 

Mut statt Übermut

 

Mit Ruhe und Gelassenheit schwierige Situationen meistern: Das ist auch für den 60-jährigen Stefan Kitzler – seit beinahe 40 Jahren Polizeibeamter – zur Devise im Job geworden. Unzählige Situationen habe es gegeben, die "unangenehm" waren, in denen Mut in ganz unspektakulärer Weise gefragt war: "Oft zeigt sich Mut darin, wie souverän man mit einer Situation umgeht."

 

Angepöbelt wurde Kitzler oft im Dienst und meistens galt es, möglichst gelassen zu reagieren: "Der Andere wird sich schon wieder beruhigen. Lass dich nicht provozieren!" Wenn Kitzler als Polizist einschreiten musste, hat er sich wenige Sorgen über die Folgen gemacht: "Man denkt nicht nach, ob das jetzt Mut ist. Da ist es dann einfach meine Pflicht als Polizist, zu handeln."

 

Als junger Polizist war Kitzler oft übermütig und hat sich zu unüberlegten Handlungen hinreißen lassen: "Eines Abends haben eine Kollege und ich zwei Räuber verfolgt. Anstatt auf Verstärkung und die Hundestaffel zu warten, sind wir in ein Abbruchhaus mit gezogener Waffe gegangen, um die Verbrecher zu stellen. Die Risiken, in ein Loch zu fallen oder sich zu verletzten, haben wir nicht bedacht." Die Verbrecher sind damals geflohen, Kitzler und sein Kollege haben es unverletzt aus dem Haus geschafft. "Mit dem Mut ist das immer so eine Sache", sagt Kitzler: Mittlerweile spüre er, wenn es gefährlich wird und reagiere von Beginn an schon anders.

 

Zivilcourage gefordert

 

Das souveräne Handeln in Situationen, in denen "andere weglaufen würden", zeichnet laut Roman Dietler einen guten Polizisten aus: "Zivilcourage ist sicher Teil der Persönlichkeit der meisten Polizistinnen und Polizisten." Es sei auch in der Freizeit für Polizisten notwendig, couragiert zu sein. Es gehe nicht darum, zivil "großartige Festnahmen" durchzuführen, sondern mit "offenen Augen" durch die Welt zu gehen: "Ein Beamter ist immer Beamter. Er ist verpflichtet, so zu handeln, wie man es von einem Beamten erwartet."

 

Überzeugt ist Dietler davon, dass Mut eine christliche Tugend ist: "Es erfordert Mut, für die Wahrheit einzutreten und für Gerechtigkeit zu sorgen." Menschen feinden Polizisten dafür an. Mutig sind für den Polizeiseelsorger Menschen, die bei ihrer Aufgabe bleiben, obwohl sie wissen, dass es Schwierigkeiten und Gegenwind geben könnte.

 

Dienst am Anderen

 

2014 wurde Dietler zum ständigen Diakon geweiht und ist nun als Landesseelsorger für Wien eingesetzt. In dieser neuen Aufgabe nach dem aktiven Polizeidienst hat Dietler jetzt einen anderen Blick auf die Kolleginnen und Kollegen: "Ich erlebe die Polizisten als sehr mutig und staune, wie engagiert sie tagtäglich ihren Dienst tun – gegen alle äußeren und inneren Widerstände." Er begleitet die Beamten gerne. Gerade wenn sie an ihre persönlichen Grenzen gegangen sind und schwierige Erlebnisse verarbeiten müssen, nimmt sich Roman Dietler Zeit und hat ein offenes Ohr.

 

Mut heißt für Dietler, sich in den Dienst am Anderen zu stellen. Seine eigenen Bedürfnisse hintan zu stellen. Wenn es sein muss, in die Privatsphäre einer Familie einzudringen, um Schlimmeres zu verhindern. Einen kühlen Kopf bewahren. Feinfühlig sein. Im richtigen Moment die richtigen Schritte setzen. An seine persönlichen Grenzen gehen. Sich überwinden. Mutig sein.

 

Markus Andorf

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2017 | Ausgabe Mai/Juni 2017

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