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Unsere Themen im Jahr 2018

Im Aufbruch stecken geblieben

Das Jahr 1968 gab ein Aufbruchssignal auch für die Kirche: Es war der Anstoß zur Emanzipation der Gläubigen. Was ist heute davon geblieben? Ein kritischer Rückblick von Peter Paul Kaspar

 

1968 ging als Jahr des Aufbegehrens, lautstarker Demonstrationen und der Vietnamkriegsverweigerer in die Geschichte ein: ein Jahr der Provokationen und Proteste, des demonstrativen Ungehorsams und der Friedensbewegung, der aufmüpfigen Jugendlichen und Studenten – gegen überhebliche Politiker, besserwisserische Oberlehrer, gegen den Muff unter den Talaren der Professoren und Hierarchen. Volkstümlich verschwommen als „antiautoritär“ bezeichnet – das Motto: Autoritäten auf den Prüfstand!

 

1968 war ich als junger Priester gerade 26 Jahre alt, nach einem Doppelstudium in Musik und Theologie (Wien/Innsbruck) gut ausgebildet. Als Kaplan einer Wiener Pfarre und als Religionslehrer an einem Gymnasium fühlte ich mich nach den Konzilsjahren (1962–65) stark jugend- und reformbewegt. Wie viele junge Priester hatte damals auch ich Talar und Priesterkragen abgelegt. Das gefiel mir, aber auch den Gymnasiasten und Studenten. Priester, die mit der – wie man damals sagte – „aufmüpfigen Jugend“ gut zurechtkamen, waren ohnehin selten genug. Ohne Priesterkluft kam man schnell und ohne klerikale Schwelle in Kontakt.

 

Prof. Peter Paul Kaspar privat

 

Als Reformer unterwegs

 

Die Katholische Studierende Jugend (KSJ) entdeckte mich als jugendtauglichen Seelsorger und beförderte mich 1971 auf die gesamtösterreichische Ebene, als Zentralseelsorger, wie das damals hieß, Mitbegründer und erster Leiter der Jugendleiterschule in Wien, Leiter des Instituts für Jugendpastoral und Schriftleiter der Fachzeitschrift „Jugend und Kirche“. Ein Multifunktionär der Jugendszene, spannungsreich tätig zwischen der stürmisch vorwärtsdrängenden Katholischen Jugend und der damals von uns als behäbig, konservativ und autoritär empfundenen Hierarchie.

 

Zwischen uns „Berufsjugendlichen“ und der Bischofskonferenz stand vermittelnd der von uns weithin als solidarisch erlebte Jugendbischof Johann Weber aus Graz. Konfliktfelder waren damals der Wehrdienst und der angestrebte Zivildienst, die weltweite Friedensbewegung, unser Protest gegen die atomare Rüstung, die Kritik am Autoritätsgehabe in Politik und Erziehung, in Kirche und Militär. Das populäre Reiz- und Unwort jener Jahre war „antiautoritär“ – wir selbst sprachen jedoch genauer von sozial-integrativer oder emanzipatorischer Erziehung. Der sozialpädagogische und psychologische Diskurs wurde zwar jugendintern heftig geführt, von den kirchlichen Autoritäten jedoch kaum wahrgenommen.

 

Reformen im Sprung gehemmt

 

Wie sich erst viel später herausstellte, war der jugendbewegte Protest ein Vorläufer der heute selbstverständlich gemeinsam und solidarisch erlebten, weltweiten Bewegungen für Frieden und soziale Gerechtigkeit, für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, für Angehörige verschiedener Weltanschauungen und Religionen – aber auch im Einsatz für Benachteiligte, Diskriminierte und Bedürftige. Im katholischen Raum verhallten zentrale Reformwünsche allerdings teils ungehört: so etwa die Zulassung der Frauen zu den kirchlichen Weiheämtern oder die Freistellung der Priesterehe. Aus unserer Sicht blieb ohne diese Schritte das Konzil unvollendet. Die Erneuerung der Konzilsjahre geriet daher in der Folge auch ins Stocken. Das mutige Selbstverständnis einer „ecclesia semper reformanda“ : einer stets zu erneuernden Kirche mutierte in den folgenden Jahren zu einem mutlosen „ecclesia semper conservanda“ – einer Kirche, die sich nur mehr konserviert, ja, abkapselt.

 

Mit Papst Franziskus scheint nun neuer, frischer Wind in die Kirche gekommen zu sein: Ähnlich dem fröhlichen Papst Johannes XXIII. macht heute Franziskus in seinem Lebensstil, in seinen Texten und in den Bischofssynoden die Kirche als lebendige Gemeinschaft neu sichtbar, in der alle Menschen – Frauen und Männer, ohne Rangunterschiede, ohne Privilegien und Standesdünkel – den Weg in eine gemeinsame Zukunft gehen. Er versteht sich nicht als „Oberbefehlshaber“, sondern als Bruder im Petrusamt. In biblischer Rede: nicht als der Größte, sondern ein Diener aller.


 

 DCF 1.0

 

Peter Paul Kaspar

 

 

Prof. Peter Paul Kaspar, Jahrgang 1942, Theologie- und Musikstudium in Wien und Innsbruck, Priesterweihe 1966, lange Jahre gesamtösterreichischer Jugend- und Studentenseelsorger, seit 1982 in Linz Akademiker- und Künstlerseelsorger, Lehrer an Gymnasium und Bruckner-Universität, 30 Bücher und viele Konzerte, seit 2017 in Pension.

 

 

www.peter-paul-kaspar.at

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2018 | Ausgabe Juli/August 2018

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