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Unsere Themen im Jahr 2018

Was ist gute Politik?

Der ehemalige Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Josef Pühringer, geht der Frage nach.

 


„Ja und Nein sind die kürzesten Worte, doch sie bedürfen längeren Nachdenkens als jedes andere, bevor sie ausgesprochen werden.“

 


Dieser Satz stammt vom französischen Staatsmann Charles-Maurice de Talleyrand. Und er beschreibt treffsicher die Herausforderung, vor der jeder Politiker, der sich um „gute Politik“ bemüht, heute steht: Er muss zahlreiche Entscheidungen treffen – und dies oft rasch; und er muss zugleich die vielen Argumente, die es in den immer komplexer werdenden Sachverhalten gibt, klug abwägen. Und so bin ich der Meinung, dass das Volk ein Recht auf Politiker hat, die denken, bevor sie reden, insbesondere bevor sie entscheiden. Das muss auch jenen ins Stammbuch geschrieben werden, die immer wieder schnelle Antworten fordern, oft auch auf schwierige Fragen.

 

 

Jedes Leben in einer politischen Funktion beginnt bereits damit, dass man mehrmals und sehr bewusst Ja sagen muss: Es ist zum einen ein Ja zu den faszinierenden Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch ein Ja dazu, unter Umständen Menschen, die es schwieriger haben, wirkungsvoll helfen zu können. Das ist aus meiner Sicht das Schöne am Entscheiden-Können: dass man einem Anliegen in persönlichen Nöten durch rasche Entscheidungen Hoffnung geben kann. Ich denke an die Hochwasserkatastrophen in Oberösterreich zurück, wo wir sehr rasch in den Einzelfällen entschieden haben.

 

Keine Komfortzone

 

Es ist aber auch ein Ja zu Risiken, wie zum Beispiel einem plötzlichen Amtsverlust. Man muss von Anfang an wissen, dass man beim Entscheiden oft einsam ist, dass man manchmal missverstanden wird, dass Entscheidungen danebengehen können und dass Entscheidungen, die man persönlich für richtig hält, häufig auch bekämpft werden. Das kann auch oft sehr persönlich werden, da können persönliche Freundschaften wegen persönlicher Betroffenheit darunter leiden.

 

 

Darüber hinaus: Wer sich zur politischen Tätigkeit entscheidet, entscheidet sich auch zum Verlassen der persönlichen Komfortzone. Man muss in der Spitzenpolitik wissen, dass freie Wochenenden zur Seltenheit werden und das Familienleben, aber auch das Pflegen von Freundschaften darunter leiden. Ja zur Politik zu sagen, heißt aber nicht, lediglich ein kühler Techniker der Zukunftsgestaltung zu sein. Es heißt vielmehr, bei vielen Fragen wertbegründet Ja oder Nein zu sagen.

 

Entscheiden in Richtung Zukunft

Politik hat die Aufgabe, Bedingungen zu schaffen, dass Menschen ihren Weg gehen können. Für diese Aufgabe hat Karl Popper der Politik empfohlen, in kleinen, überschaubaren und deshalb immer leicht und rasch korrigierbaren Schritten voran- zugehen. Auf diese Weise bleibt Politik den Menschen nahe. Konrad Adenauer hat es so formuliert: „Der Politiker muss mutig vorangehen, aber nur so weit, dass ihn die Menschen noch sehen.“ Das heißt, er muss bei seinen Entscheidungen die Menschen mit auf die Reise nehmen, sonst geht es schief. Und noch etwas ganz Wichtiges: Wir dürfen Entscheidungen nicht nur aus der „Heute- Sicht“ treffen. Wir müssen Entscheidungen heute auch aus der Perspektive der nächsten Generation treffen und uns fragen, was die berechtigten Lebensinteressen der nächsten Generation sind, die von unseren Entscheidungen abhängen.

 

 

Sich in der skizzierten Weise politisch an einem bestimmten Menschenbild zu orientieren und danach zu entscheiden, heißt nicht, streng an Bestehendem festzuhalten. Wer sich an Werte bindet, verpflichtet sich nicht zur Passivität – es geht vielmehr darum, den Wandel zu gestalten, es geht um ein Ändern mit dem Blick auf das, was bleiben soll. Es geht darum, dem Fortschritt eine Richtung zu geben und die richtige Geschwindigkeit. Genau in diesem Spannungsfeld muss wertbegründete Politik – oftmals nach reiflicher Überlegung – Ja oder Nein sagen.

 

Dr. Josef Pühringer

 

 

Dr. Josef Pühringer war von 1995 bis 2017 Landeshauptmann von Oberösterreich und Landesparteiobmann der Oberösterreichischen Volkspartei. Er hat Rechtswissenschaften studiert und während seines Studiums u. a. als Religionslehrer in Traun unterrichtet.

 

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2018 | Ausgabe Mai/Juni 2018

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