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Vitaminspritze für Eltern kranker Kinder

"Medisitting" ermöglicht Touristen mit chronisch kranken oder behinderten Kindern bei ihrem Wienbesuch kurze Auszeiten von der Pflege.

 

Unbeschwert eine Mélange in einem Wiener Kaffeehaus genießen, eine Runde mit dem Riesenrad drehen oder abends eine Vorstellung im Burgtheater besuchen: Was für viele Touristen selbstverständlich zu ihrem Wien- Besuch dazugehört, ist für reisende Eltern mit behinderten oder chronisch kranken Kindern häufig nicht möglich. Wer soll das Kind betreuen, während die Eltern unterwegs sind? Die in Wien lebende Kinderkrankenschwester Gabriele Tück weiß, wie schwierig es für Eltern kranker Kinder sein kann, sich kurze Auszeiten von der Pflege zu nehmen. Mit Medisitting hat die gebürtige Deutsche deswegen ein Service ins Leben gerufen, das sich an Touristen in Wien mit kranken oder schwer behinderten Kindern richtet.

 

Gabriele Tück kennt die enorme Belastung, der Eltern kranker Kinder häufig ausgesetzt sind: "Sie tragen eine permanente psychische und physische Verantwortung und haben den Druck, den eigenen extrem hohen Ansprüchen gerecht zu werden." Häufig würden die Eltern von großen Ängsten geplagt, ihr Kind auch nur stundenweise abzugeben. Von kurzen Auszeiten würden jedoch die Eltern und letztlich auch die Kinder enorm profitieren. "Es ist wie eine Vitaminspritze. Die Eltern kommen motiviert zurück und haben wieder Kraft für die Aufgaben, die anstehen."

 

Aus dem Alltag ausbrechen

 

Dass es schwierig sein kann, sein Kind mit besonderen Bedürfnissen jemandem anderen anzuvertrauen, kann die dreifache Mutter Dagmar Schenk bestätigen. Ihr achtjähriger Sohn Jakob ist körperbehindert und braucht permanent ihre Aufmerksamkeit. "Es gibt keine Sekunde, in der ich nicht auf ihn aufpassen muss", schildert Schenk. Wenn Jakob hinfällt, bleibt er liegen und kann – weil sein Sprachvermögen beeinträchtigt ist – nicht um Hilfe rufen. Niemand in ihrem Umfeld traue sich zu, sich allein um Jakob zu kümmern. Und weil die Beziehung zu ihrem behinderten Sohn besonders eng ist, sei sie besonders empfindlich, was die Betreuung durch andere Personen betrifft. Bei Gabriele Tück wusste Schenk ihren Sohn von Anfang an in guten Händen. Als sie mit ihrem dritten Kind schwanger war, hat Tück Jakob und dessen Schwester einmal pro Woche einige Stunden betreut. "Es war ein Geschenk des Himmels", erzählt Schenk. "Es hat unwahrscheinlich gutgetan: Aus dem Alltag ausbrechen und einfach nur entspannen."

 

Familien stärken

 

Wien-Besuchern bietet  Medisitting an, entweder zu den Kindern ins Hotel zu kommen oder zusammen etwas zu unternehmen, während die Eltern unterwegs sind. Für die Kinder sei die Betreuung durch eine fremde Person meist kein Problem. "Sie haben ein Gespür dafür, ob jemand Liebe und Zeit mitbringt", sagt Tück. Die Zeit mit den Kindern erlebt die Krankenschwester, die selbst Mutter von vier Kindern ist, als bereichernd. "Es ist unglaublich, was die Kinder einem zurückgeben."

 

Bei einem Medisitting-Einsatz sorgt die erfahrene Kinderkrankenschwester für die notwendige medizinische Versorgung, hat ein Notfall-Equipment dabei und ist für die Eltern jederzeit erreichbar. Weil Familien mit kranken oder behinderten Kindern meist wenig finanziellen Spielraum haben, bietet Tück ihre Dienste auch ehrenamtlich an. Ihr Anliegen ist es, die Familien zu stärken. "Viele Eltern fokussieren sich nur noch auf das kranke Kind und die Partnerschaft oder die anderen Kinder bleiben auf der Strecke", weiß Tück. Sie hat schon mehrmals erlebt, wie Familien auseinanderbrechen, weil sie der großen Belastung auf Dauer nicht gewachsen waren. Umso mehr freut es sie, wenn Eltern sich trauen, auch einmal etwas für sich zu tun. So wie das Paar, das die gemeinsame Auszeit dazu nutzte, endlich wieder einmal miteinander tanzen zu gehen.

 

Sandra Lobnig

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2016 | Ausgabe September

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